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Der Lagunen-Garibaldi

Von awo

Bei seinen Streifzügen durch das Gassengewirr zwischen Markusplatz und Rialto-Brücke rein zufällig auf einen Platz namens Campo Manin gelangt, fragt man sich vielleicht, was für ein seltsames Denkmal hier steht. Man erkennt einen venezianischen Löwen mit Flügeln und mit menschlichen Gesichtszügen.

In großen Lettern steht hier MANIN. Wer war dieser Manin? Mit bürgerlichen Namen hieß er Fonseca (1804-57). Als Venedig bereits eine Selbständigkeit verloren hatte, nannte er sich Manin nach dem letzten Dogen und führte eine antiösterreichische Aufstandsbewegung an. Das Ziel war aber nicht die Wiederrichtung der alten Dogenherrlichkeit, sondern der Anschluß Venedigs an eine noch zu schaffende italienische Republik. Die Verwirklichung dieses Zieles erfolgte allerdings erst 1866 nach der Niederlage Österreichs gegen Preußen. Manin, der 1849 von den Österreichern ins französische Exil gezwungen worden war, erlebte das nicht mehr.

In dem Buch von Hermann Schreiber, "Das Schiff aus Stein", heißt es: Mit Manin oder Fonseca, der heute gern auf italienischen Briefmarken abgebildet wird, "gab es nun wenigstens einen Patrioten des Einigungskampfes auch in der so lange selbstherrlich-distanzierten Serenissima, einen Lagunen-Garibaldi mit einem Dogennamen!"

Geschrieben 29.12.2003, Geändert 22.10.2007, 3531 x gelesen.

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Kommentare zu diesem Artikel

Kommentar von Lothar W. Pawliczak vom 12.08.2010 17:42:05

Das ist so nicht ganz richtig. Daniele Manins Großeltern, Samuele Medina di Verona und Allegra Moravia Medina, waren konver­tierte Juden, die mit der Taufe 1759 wie üblich den Namen des Taufpaten Bischof Lodovico Manin, ein Verwandter des gleichnamigen letzten Dogen, annahmen. Daniele Manin war schon mit 17 Jahren Doktor beider Rechte, bald ein angesehener Anwalt und hat sich sehr um die Modernisierung in Norditalien verdient gemacht. Sein Sohn Giórgio Manin nahm 1860 an der Landung Garibaldis in Sizi­lien tei. (s. Anna Laura Lepscky Mueller: La famiglia di Daniele Manin. Venezia 2005).

Der Rechtsanwalt Daniele Manin erklärte Ende 1847/Anfang 1848, die bereits 1815 von der österreichischen Besatzungsmacht versprochenen liberalen Gesetze müßten nun endlich umgesetzt werden und es sollte gefälligst auch etwas gegen die Cholera getan werden. Dem österreichischen Gouverneur fiel nichts Besseres ein, als ihn und andere italienische Patrioten verhaften zu lassen, obwohl es dafür keinerlei Rechtsgrund gab. Resistenza legale war Daniele Manins politische Formel.
Am 17. März 1848 forderte die Bevölkerung nachdrücklich die Freilassung der politischen Gefangenen. „Da der Gouverneur zögert und Ausflüchte macht, stürmt die Menge unter der Führung Paulo Fambris – eines zukünfti­gen Abgeordneten des italienischen Parlaments – das Gefängnis und reißt die Gitter aus den Mauern. Doch Manin wei­gert sich, die Zelle zu verlassen. 'Ich bin illegal verhaftet und eingesperrt worden, ich möchte legal freigelassen werden. Ich erkenne dem aufgewiegelten Volk nicht das Recht zu, mich zu befreien.' Er bleibt im Gefängnis, bis der Gerichts­präsident persönlich herbeieilt, um ihm die vom Gouverneur unterschriebene Verfügung zu zeigen.“ (Alvise Zorzi: Österreichs Venedig. Das letzte Kapitel der Fremdherrschaft 1798 bis 1866. Düsseldorf/Hildesheim 1990 S. 85) Eine vorbildliche revolutionäre Haltung! Die Herrschenden zu zwingen, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten, war in seiner Zeit wahrhaft revolutionär und daran zu erinnern ist ja wohl leider immer nötig.
Am 23. März 1848 wurde die „Demokratische Republik San Marco“ proklamiert und ihr Präsident wurde der rechtschaffene Daniele Manin. Nach deren brutale Niederschlagung durch die Österreicher mußte Daniele Manin mit seinem Mitstreitern ins Exil gehen. Er lebte dann in sehr bescheidenen Verhältnissen in Paris und starb dort. Nach dem Anschluß Venedigs an Italien wurde 1868 seine Asche überführt und an der Nordfassade des Makusdoms ein Grabmahl für ihn erreichtet. Das Denkmal für Daniele Manin auf dem dazu umbenannten Campo Manin wurde am 22. März 1872 enthüllt, das seines Mitstreiters Niccolò Tommaseo auf dem Campo S.Stefano 1882.

Hermann Schreibers "Das Schiff aus Stein", ist ein recht minderwertiges Buch (s. meine Rezension bei amazon.de). Lesen Sie dazu besser Alvise Zorzi "Österreichs Venedig" oder das Kapitel "Der 22. März 1848 und die Schwierigkeit nationaler Gedenktage" meines Buches "Was man so alles nicht über Venedig weiß" (erscheint 2011).